Angelo Cottinelli

1909–1944

Angelo Cottinelli 1943 Als Soldat
Angelo Cottinelli als Soldat, 1943
© Vincenzo Cottinelli

Angelo Cottinelli wird 1909 in Brescia, Italien, als zweites von drei Kindern geboren. Sein Vater ist Notar, seine Mutter kümmert sich um den Haushalt. Angelo Cottinelli verdient etwas Geld mit Gelegenheitsarbeiten und hilft auf einem landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters mit. Vom Militärdienst wird er 1929 wegen gesundheitlicher Probleme freigestellt.

1943 wird Angelo Cottinelli trotz seiner Erkrankung zur Armee eingezogen, bald jedoch in ein Krankenhaus eingeliefert. Als Italien im September 1943 einen Waffenstillstand mit den Alliierten schließt, gerät auch Angelo Cottinelli als Militärangehöriger in deutsche Gefangenschaft. Er wird ins Stammlager XIII D Nürnberg-Langwasser transportiert. Laut seiner Gefangenen-Personalkarte gilt er als gesund und muss daher in den „Arbeitseinsatz“ nach Roth. Nach kurzer Zeit wird er allerdings ins Reservelazarett für Kriegsgefangene in Nürnberg-Langwasser eingewiesen.

Rote Kreuz Informiert Uber Deportation Beide
Postkarte an Maria Cottinelli, 30. September 1943. Das italienische Rote Kreuz teilt ihr mit, dass ihr Sohn mit einem Gefangenentransport den Bahnhof von Rovereto passiert habe. Er sei bei guter Gesundheit, schicke Grüße und hoffe, sich in Kürze bei ihr melden zu können. Auf diese Weise erfährt die Familie, dass Angelo Cottinelli in deutsche Gefangenschaft geraten ist.
Brief Aus Reservelazarett 23 1
Brief von Angelo Cottinelli an seine Familie, 23. Januar 1944. Er schreibt aus dem Reservelazarett für Kriegsgefangene Nürnberg-Langwasser, wo er sich bereits seit zweieinhalb Monaten aufhält. Über seinen schlechten Gesundheitszustand berichtet er nichts, wohl um seine Angehörigen nicht zu ängstigen. Stattdessen erkundigt er sich vor allem nach dem Leben in der Heimat.
© Vincenzo Cottinelli
 

„Liebste Eltern,
mit Freude habe ich diese Woche den Brief vom 16.11.43 erhalten, und es hat mich sehr bewegt, diese Zeilen von Euch zu lesen. Es freut mich, zu wissen, dass Ihr alle bei bester Gesundheit seid, und ich bitte den lieben Gott stets, dass dies so bleibt und wir uns bald wieder in die Arme schließen [können]. Auch mir geht es gut; die Arbeit ist leicht, und ich habe gute Freunde. Zum Glück ist [mein] Bruder Gino [Luigi] bei Euch zu Hause, und ich danke ihm, dass er mein Schicksal so liebevoll verfolgt. Im nächsten Paket erwarte ich ein Unterhemd und den Bleistiftspitzer. Es freut mich zu hören, dass meine Kommode nicht angerührt wurde. …“

Anstatt sich zu stabilisieren, geht es Angelo Cottinelli zunehmend schlechter. Aufgrund seines Gesundheitszustands wird er zur Repatriierung vorgeschlagen, doch kommt dieser Vorstoß zu spät. Er stirbt am 25. Juni 1944 im Alter von 34 Jahren im Reservelazarett Neumarkt in deutscher Gefangenschaft und wird auf dem städtischen Friedhof in Neumarkt begraben.

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Angelo Cottinelli verfasst am Vortag seines Todes, 24. Juni 1944, im Beisein des Militärseelsorgers Giacomo Valera im Lazarett für Kriegsgefangene in Neumarkt sein Testament. Ein Schwager, der auch in Gefangenschaft ist, erhält das Testament und schickt Ende Januar 1945 eine Abschrift an die Eltern von Angelo Cottinelli.
© Vincenzo Cottinelli
 

„Mein Testament – 24. Juni 1944: Ich, der Unterfertigte, Cottinelli Angelo, errichte im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte vor dem Kruzifix mein eigenhändig verfasstes Testament. Ich hinterlasse mein Fahrrad meinem Bruder, der es zur Erinnerung [an mich] behalten soll. Meine Firmuhr hinterlasse ich zum Andenken meiner Mama. Ein Wertpapier im Wert von 500 Lire hinterlasse ich meinem Patenkind Bettoni Giuseppe Romolo, damit er bei seinen Gebeten an mich denkt. Meiner Schwester Angela Maria hinterlasse ich meine Briefmarkensammlung und alle meine Bücher sowie ein Wertpapier im Wert von 1.000 Lire. Ich möchte, dass sie die Briefmarken zur Erinnerung [an mich] behält.
Den kleinen Neffen Vincenzino und Tonino hinterlasse ich meinen Baukasten. Cristina Conti hinterlasse ich einen Betrag in Höhe von 500 Lire, die Ihr ihr für all die Freuden, die sie mir im Laufe meines Lebens bereitet hat, geben werdet. Bettoni Angelo hinterlasse ich einen Betrag in Höhe von 500 Lire, damit er sich an mich erinnert. Verteilt meine Kleidung an Bettoni Angelo und Bettoni Pietro. Falls ich in Deutschland sterbe, tut mir den Gefallen, mich in meine Heimat transportieren und ins Familiengrab legen zu lassen. Des Weiteren hinterlasse ich den Comboni-Missionaren 1.000 Lire, damit sie für mich beten. …“

„… Sorgt dafür, dass meine Beerdigung schlicht sein wird, und auch der Sarg soll schlicht sein, und ich will auch keine ­Blumen. Aber ich möchte, dass Ihr mit dem Geld, das Ihr für Blumen ausgegeben hättet, Gutes tut und Messen lesen lasst. Gebt demjenigen, der eine Messe zelebrieren lassen möchte, einen Betrag in Höhe von 200 Lire. Außerdem hinterlasse ich Bettoni Rita einen Betrag in Höhe von 100 Lire, die Ihr von den Sparbüchern abheben werdet. Kündigt bitte das auf mich lautende Schließfach bei der Bank Banca di S. P., in dem sich ein Banksparbuch befindet, und löst bitte das gesamte Sparbuch auf. Zu Urkund dessen unterzeichne ich und wünsche, dass alles, was hier niedergeschrieben ist, so schnell wie möglich ausgeführt wird. Angelo Cottinelli“

Nurnberg 005
Sterbefallnachweis der Auskunftsstelle der Wehrmacht, 30. Juni 1944
© Bundesarchiv/III A_BA III Karton 4_Mappe 07_Angelo Cottinelli
Kriegsgraberstatte Neumarkt
Die Kriegsgräberstätte am Föhrenweg in Neumarkt in der Oberpfalz. Angelo Cottinelli gehört mit großer Wahrscheinlichkeit zu den wenigen italienischen Kriegsgefangenen, die hier noch begraben liegen. Die meisten italienischen Soldaten wurden Ende der 1950er Jahre auf den Waldfriedhof München/Ehrenteil für italienische Staatsangehörige umgebettet oder nach Italien überführt.
© Stadtarchiv Neumarkt, Kriegsgräberstätte Foto 64
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Stolperstein für Angelo Cottinelli vor dem Wohnhaus seiner Familie in Brescia, 2012.
© Vincenzo Cottinelli
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Der Neffe Vincenzo Cottinelli – dem der sterbende Onkel im Testament seinen Baukasten vererbte – engagiert sich seit Jahren für die Erinnerung an Angelo Cottinelli.
© Vincenzo Cottinelli

Weitere Biografien