Nikola Ilić
1898-1982
Nikola Ilić wird am 13. Dezember 1898 in Belgrad im Königreich Serbien geboren. Behütet wächst er gemeinsam mit seinen drei Geschwistern unweit der historischen Altstadt auf. Während seiner Schulzeit im „II. Belgrader Gymnasium für männliche Jugendliche“, tobt in Europa der Erste Weltkrieg und eine Neuordnung des Kontinents steht bevor. Mit Ende des Krieges entsteht das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen unter der Führung des serbischen Königs Alexander I. Karađorđević. Der König formt den Staat nach seinen Vorstellungen und errichtet eine sogenannte Königsdiktatur.
Nikola Ilić schreibt sich für ein Ingenieursstudium in Belgrad und Gent (Belgien) ein. Nach dem erfolgreichen Abschluss beginnt er in Belgrad zu arbeiten und steigt bis zum Vizedirektor der städtischen Elektrizitätswerke auf. In dieser Zeit lernt er auch seine zukünftige Frau Katarina kennen und das Paar bekommt zwei Kinder: Mihaijlo (1936) und Djordje (1939).

© Bundesarchiv, B 563-3 KARTEI/vorl. KaNr. 3018 I-C 63/0206; © Bundesarchiv, B 563-3 KARTEI/ I-B 10/0377
Am 6. April 1941 greift die deutsche Wehrmacht das Königreich Jugoslawien an und kann schnell weite Teile des Landes erobern. Nikola Ilić dient als Offizier in der Armee und wird am 19. April 1941 in der Nähe von Sarajevo (heute: Bosnien und Herzegowina) gefangen genommen. Er wird ins Offizierslager Nürnberg-Langwasser XIII B überstellt. Nach Aufenthalten in den Lagerlazaretten der Offizierslager Nürnberg-Langwasser XIII A und B wird er zur Behandlung in die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen verlegt. Am 24. Dezember 1941 wird er zurück ins Offizierslager Nürnberg-Langwasser gebracht.
Während seiner Haftzeit in Nürnberg-Langwasser berichtet er von Misshandlungen und sogar von Erschießungen durch die Wachmannschaften. Die Stimmung innerhalb der serbischen Offiziere beschreibt er als angespannt, Royalisten und Sozialisten stehen sich dabei gegenüber. Anfang März 1943 überlebt Nikola Ilić die Bombardierung des Kriegsgefangenenlagers in Nürnberg-Langwasser nur knapp, wie sich ein Mitgefangener erinnert.

© Archives du CICR
„[…] Wir brachten Wasser und löschten das Feuer in den Baracken bis zum Morgen. Dann befehlt man uns, sich in Reihe zu stellen und durchführte den Appel. ‚Wer nicht anwesend ist, wird erschossen!‘ sagte ein deutscher Offizier. Alle waren anwesend, außer meinem Nachbar Nikola Ilic. Er hat sich während der Bombardierung unter unsere Baracke versteckt. […] Wahrscheinlich war er wegen des schrecklichen Lärms, den die fallenden Bomben auf unser Lager gemacht hatten, vorübergehend ganz taub geworden […] Ich weiß nicht wie die Deutschen ihn entdeckt haben, wahrscheinlich mit Hilfe von Wolfhunden […] Wir waren alle erschrocken und empört als man über Lautsprecher veröffentlichte, dass er erschossen wird und dass wir alle aus den Baracken hinausgehen müssen, um der Erschießung beizustehen. […] Ich rannte sogleich zu dem deutschen Offizier, der sich vorbereitete die Erschießung zu befehlen. ‚Herr Hauptmann, entschuldigen Sie, aber unser Kamerad hatte nicht versucht wegzulaufen! […] Außerdem, nach den Genfer Konventionen‘ […] (Der Hauptmann antwortete:) ‚Sprechen Sie nur nicht über die Genfer Konventionen! […] Aber wir sind ein zivilisiertes Volk, wir werden einen schwerhörigen Mann nicht erschießen!‘ […]“
aus: ZAROBLJENIČKE PRIČE, von Gradimir Đurović, Belgrad 2017, ins Englische übersetzt von Sabina Jusufović.

© National Archives and Records Administration, College Park
1943 wird Nikola Ilić gemeinsam mit rund 3 000 Häftlingen in das Offizierslager Hammelburg XIII B überstellt. Dort treffen im Januar 1945 auch rund 1 500 US-amerikanische Offiziere im Lager ein:
„Die Serben wurden in einen anderen Teil des Lagers verlegt, abgetrennt durch Stacheldraht, und schufen so in den kalten, zugigen, schlampig gebauten Baracken Platz für die Amerikaner. […] Die Serben waren äußerst großzügig zu den amerikanischen ‚Kriegies‘ und teilten bereitwillig Verpflegung, Decken, Rasierklingen und Kleidung mit ihnen.“
aus: Richard Baron, Abraham Baum und Richard Goldhurst, Kommandounternehmen Hammelburg 1945, München 1985.
Auch Nikola Ilić teilt seine erhaltenen Rationen mit den US-amerikanischen Offizieren.
Im März 1945 erlebt er den US-amerikanischen Befreiungsversuch „Task Force Baum“ des Offizierslager Hammelburg mit. Nur wenige Tage später wird das Offizierslager am 5. April 1945 von der 7. US-Armee endgültig befreit.
Nach seiner Rückkehr nach Belgrad sucht er in der neuen Sozialistischen Republik Jugoslawien nach Arbeit. Aufgrund seiner nach wie vor vorhandenen royalistischen Einstellung wird ihm sein alter Beruf von den neuen Machthabern verwehrt. Er arbeitet fortan als Französisch-Übersetzer und lebt zeitweise in Suhr (Schweiz) bei seinem Sohn.
Am 16. Juni 1982 stirbt Nikola Ilić in Suhr.

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